Ein Artikel von Sami und Kashfa aus dem Grundkurs Geschichte Q3 von Frau Dr. Haßdenteufel
Am 29. September 2022 fand für die Schülerinnen und Schüler der Q3 der Leibnizschule eine Exkursion an die Landesgrenze zwischen Thüringen und Hessen statt, bei dem die Zustände an den Grenzen während des Kalten Krieges im Fokus standen. Hierfür besuchten vier Geschichtskurse Point Alpha, einen ehemaligen amerikanischen Beobachtungspunkt, der heute als Gedenkstätte dient. Mit zwei Bussen und ungefähr 80 Personen fuhren wir in Point Alpha ein. Direkt am Museum stiegen wir aus und sahen einen Teil der Mauer aus Berlin. In Kleingruppen wurden wir dort durch Personen umhergeführt, die aus eigenen Erfahrungen von der Zeit, des geteilten Deutschlands sprechen konnten. Einer dieser Tourguides ist ein ehemaliger Lehrer, der in Rasdorf – und damit auf der Seite der Bundesrepublik Deutschland – aufgewachsen ist.
Während unserer Führung berichtete er uns neben den historischen Fakten auch von seinen zahlreichen persönlichen Erfahrungen. Er zeigte uns Orte und Gegenstände seiner Verbundenheit, die nicht nur mit der Nachkriegszeit zu tun hatte, sondern auch viel weiter in die Geschichte zurück gehen. Zu diesen gehörten unter anderem ein schätzungsweise 150 Jahre alter Grenzsteine zwischen dem ehemaligen Königreich Preußen und Sachsen-Weimar, welchen er mit Erinnerungen an seinen Großvater bei der Feldarbeit verknüpft. Wir bekamen einen Input zur Politik der Nachkriegszeit in dem Museum direkt an der Grenze. Mit Miniaturdarstellungen und Bildern zeigte er uns die ehemaligen Grenzanlagen, gesichert durch verschiedene Zäune und weiteren Sicherungsanlagen, wie zum Beispiel Tretminen und Selbstschussanlagen. Besonders interessant hierbei war der Unterschied des Ostens und Westens bei der Durchführung der Grenzregeln. Während die Ostseite über drei Zäune und starker Sicherung der sogenannten „Republikflucht“ entgegenwirkten, ließ Westdeutschland einen einfachen Holzzaun aufstellen, der eigentlich nur zur Grenzmarkierung dient. Er erklärte uns, dass Point Alpha, strategisch von größter Bedeutung gewesen sein muss, da dieser dem westlichsten Ort des Warschauer Paktes entsprach. Dementsprechend war dies der Ort, von welchem man am schnellsten ins Rhein-Main-Gebiet gelangte.
Nach einer Führung im Museum gingen wir zu einem Wachturm. Dabei durchquerten wir eine Wiese, die sich als inaktives Minenfeld zum Schutze der Grenzen herausstellte und hörten dabei weiter Erinnerungen und Erzählungen von Fluchtversuchen aus dem Osten und die subjektiven Eindrücke der Zeitzeugen. Dabei bleiben uns vor allem gescheiterte Versuche im Gedächtnis, wie zum Beispiel das Schicksal eines Jugendlichen auf der Suche nach einem besseren Leben, der dies mit seinem Leben bezahlen musste.
Bei der Erläuterung dieser Geschichten ist die Organisation des damaligen Grenzschutzes ebenfalls sehr interessant anzuhören gewesen. Die Patrouille der DDR, bestehend aus zwei Personen, waren so strukturiert, dass keine Kontakte und Freundschaften geknüpft werden konnten, denn man tauschte die Partner stetig aus, um Vertrauensbildung entgegenzuwirken. Ebenfalls interessant ist, dass die Patrouillen nicht mit den Menschen im Westen reden durften und selbst das Winken zur Begrüßung verboten war. Oben im Wachturm konnten wir das Gebiet an der Grenze von oben betrachten, während uns weitere Fakten und Geschichten über die Grenze, dem US-Camp und die Funktion des Wachturms erzählt wurden.
Im Nachgang blieb uns Zeit, uns auf dem Gelände umzusehen. Dabei fielen uns zum einen das Brettspiel „Fulda Gap: The First Battle of the Next War“ auf, welches die ersten Angriffe des Dritten Weltkrieges zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt simuliert. Des Weiteren ist auch ein kleines Büchlein im dortigen Museum ausgehängt, welches die amerikanischen Soldaten vor den Deutschen zu warnen versuchte. Zu guter Letzt ist ein Denkmal auf der Grenze auch für uns heute von äußerster Bedeutung. Auf diesem steht geschrieben: „Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“ und „Wir sind ein Volk“, was seit über einem Jahrhundert nicht aufzugehen schien, denn die Forderung nach einem einheitlichen Deutschen Nationalstaat gab es schon vor der Revolution 1848. Sich dies ins Gedächtnis zu rufen und zu erkennen, dass wir heute den Traum vieler Menschen der letzten Jahrhunderte leben, der mit dem Mauerfall und der Vereinigung von West- und Ostdeutschland, begonnen erscheint, ist für uns heute ein stückweit alltäglich geworden. Wir haben als Q3-Schüler das geteilte Deutschland nie erlebt und bei all den Gefahren, die unsere Demokratie und die Bundesrepublik Deutschland zu bekämpfen haben, scheint die Exkursion uns ein Stückweit das Ausmaß von Extremismus, Gewalt und Krieg näher gebracht zu haben. Für diese Erfahrung danken wir unseren Lehrkräften für die Organisation, der Point Alpha Stiftung für das Bewahren der Gedenkstätte, sowie den Zeitzeuginnen und Zeitzeugen für die Führung, Geschichten, Erinnerungen und persönlichen Einblicke.
(Text & Bild: Sami & Kashfa (Q3) / red. Bearb.: Scö & Blu)
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