Am 19.06.2020 fand die Vergabe der Abiturzeugnisse an die diesjährigen Abiturient*innen statt. Allerdings war dabei vieles nicht wie sonst – und das nicht nur dank der Corona-Krise – obwohl die natürlich ihren Teil dazu beitrug -, sondern vor allem deshalb, weil da ein in mehrfacher Hinsicht besonderer Jahrgang verabschiedet wurde.
Eine große förmliche festliche Abiturfeier wie in den vergangenen Jahren war in diesem Jahr aufgrund der Abstandsregeln nicht möglich. Dass überhaupt eine Abiturfeier im Kleinen stattfinden konnte, verdankte sich dem Umstand, dass in diesem Jahr der kleinste Jahrgang überhaupt Abitur machte, soweit die Erinnerung des Kollegiums zurückreicht: Das Abitur abgelegt haben in diesem Jahr an der Leibnizschule nämlich nur 44 Abiturient*innen. Und das liegt nicht daran, dass es ein schlechter Jahrgang gewesen wäre, bei dem viele auf der Strecke geblieben wären – im Gegenteil: Es war ein sehr leistungsstarker Jahrgang, dessen Mitglieder sich aus jenen Schüler*innen rekrutierten, denen seinerzeit Lehrer*innen und Eltern – und offensichtlich berechtigt! – zugetraut hatten, das Gymnasium auch in 8 statt wie früher und inzwischen wieder regulär in 9 Jahren absolvieren zu können. Der Jahrgang besteht aus Schüler*innen der ersten G8-Klassen, die die Leibnizschule seinerzeit nach der grundsätzlichen Rückkehr zu G9 anbot. All ihre anderen Altersgenoss*innen werden, da sie im G9-Zweig beschult wurden, erst im kommenden Jahr Abitur machen.
Auch wenn die Leibnizschule inzwischen ihre G8-Sonderklassen auch noch abgeschafft hat und vollständig zur bewährten neunjährigen Gymnasialzeit zurückgekehrt ist, kann sie doch froh sein über diesen Jahrgang, den es so nur dank jenes Sonderweges gab.
Die geringe Größe des Jahrgangs ermöglichte trotz der Corona-Beschränkungen eine minimalistische Abiturfeier, bei der aber selbst dieser kleine Jahrgang geteilt werden musste, ob seiner geringen Größe aber nur in zwei Gruppen. Bei der Bestuhlung wurde auf Wahrung der Abstände geachtet, und das Programm beschränkte sich statt des üblichen Reden-Marathons auf eine Ansprache des Schulleiters Herrn Dombrowski, eine von Vertretern des Jahrgangs und ein paar Worte der Tutor*innen zum Abschied.

Ansprache Herrn Dombrowskis zum Abitur
Herr Dombrowski sprach die ungewöhnliche Situation während der Abiturphase an, hob die Besonderheiten des Jahrgangs hervor und widmete sich näher dem Thema Querdenken. Dieses sei in der Schule wohl eher selten geprobt worden, und sicher auch nicht immer angebracht (dabei mag man vielleicht exemplarisch an die absurden Verschwörungstheorien denken, die derzeit hier und da verbreitet werden), aber Visionen für die eigene Zukunft solle man schon haben können und dürfen. In diesem Kontext erwähnte er ein Experiment, das erstmals 2009 an der Standford University durchgeführt wurde und bei dem Studententeams innerhalb von zwei Stunden ausgehend von einem Startkapiatal von 5 $ einen Mehrwert erzielen sollten. Dabei erwiesen sich alle Teams als erstaunlich kreativ – und dabei durchaus eben auch querdenkend – und nutzten konstruktiv ihre individuellen Stärken und ihre Teamfähigkeiten und erzielten innerhalb von nur zwei Stunden bis zu 650 $. Vor dem Hintergrund dieses Beispiels wünschte Herr Dombrowski den Schüler*innen, dass auch sie ihr Potential erkennen und dieses sowie ihren Gemeinschaftssinn nutzen und fruchtbar werden machen können.
In den aus Schüler*innenperspektikve vorgetragenen Ansprachen ging es vor allem um die Besonderheiten des Jahrgangs selbst, die Größe, die kleine Einheit von unverwechselbaren Individuen und einige anektdotische Erinnerungen. Den Abschluss bildete ein Faustzitat, das in vertauschten Rollen die Mathe-LK-Lehrerin (Frau Zeimetz) vorzulesen gebeten wurde, nachdem der Deutsch-LK-Lehrer (Herr Schaefer) dessen Versnummer als Ergebnis einer Matheaufgabe ermittelt hatte. Das Zitat illustriert, dass nicht nur die Lehrerschaft, die in den Genuss gekommen war, diesen Jahrgang unterrichten zu dürfen, sondern auch die Schüler*innen selbst positiv auf ihr Zeit an der Leibnizschule zurückblicken: „Bravo! Bravo! Das war schön!“ (Vs. 2241)
In den Ansprachen der TutorInnen wurde unter anderem gelobt, wie positiv, besonnen und vernünftig die Schüler*innen dieses Jahrgangs nicht nur auf die Corona-Krise, sondern auch schon in früheren Situationen agiert hätten. Diese Haltung und den Willen, das Beste selbst aus problematischen Situationen zu machen, mögen sie sich beibehalten.
Auch die Art und Weise, wie die Schüler*innen das Abitur in der aktuellen Situation in Angriff genommen und absolviert hätten, habe die oben genannten Qualitäten der Absolvent*innen illustriert. Das Abitur, das einem vielleicht anfangs wie ein unerklimmbarer Berg vorgekommen sein möge, habe sich als ein Scheinriese „Abi-Tur Tur“ entpuppt, der wie sein partieller Namensvetter in Michael Endes „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ beim Herannahen immer kleiner geworden sei und bis auf ein Din-A4-Blatt geschrumpft sei, das umgekehrt zwar klein wirke, aber großes Potential böte: Es sei ein „Ticket to ride“, und den Schüler*innen sei zu wünschen, dass sie es einlösten und bei der freien Platzwahl, die dabei gelte, ihren je eigenen Platz finden mögen.
Wer diese Schüler*innen in den letzten Jahren in Aktion beobachten und erleben durfte, weiß: Die Chancen dafür stehen gut! In diesem Jahrgang, in dem allein schon aufgrund seiner geringen Größe ein Verschwinden in einer Anonymität der Masse nicht möglich war,bewiesen die Schüler*innen über all die Jahre immer wieder in unterschiedlichsten Kontexten einen guten Gemeinschaftssinn und Teamfähigkeit, eine grundsätzlich große Bereitschaft, sich zu engagieren, und auch den Willen und die Fähigkeit, intelektuell Großes zu leisten.
Das schlug sich in zahllosen Ehrungen nieder, deren Zahl absolut bereits beeindruckend war, aber in Relation zur Zahl der diesjährigen Abiturient*innen geradezu überwältigend war!
3 Ehrungen im Fach Deutsch, 2 in Mathematik, 2 in Chemie, 7(!) im Fach Physik. 5 Schüler*innen erhielten andere besondere Ehrungen und 12(!) Schüler*innen erhielten ein Online-Stipendium. 17 der Abiturient*innen (und damit fast 40 % des Jahrgangs) erzielten eine Abiturnote mit einer 1 vor dem Komma, davon erhielten fünf eine 1,0 (wenn das kein „Ticket to ride“ ist…!). Der Notendurchschnitt des Jahrgangs beträgt 2,19 – ein denkwürdiges und so niedagewesenes Ergebnis!
Eine besondere Ehrung erfuhr Melissa Quang, die den diesjährigen Leibniz-Preis erhielt, mit dem die Schule Schüler*innen ehrt, die sich durch ein besonderes Engagement auszeichnen, mit dem sie den Werten und Zielen der Schule entsprechen und diese voranbringen.
In vielerlei Hinsicht spiegeln sich, wie das Bild veranschaulichen soll, in Melissa viele Qualitäten wider, die auch viele andere Schüler*innen des Jahrgangs auszeichnet.
Gleichwohl verdient sie es, zumindest einige ihrer Leistungen besonders hervorzuheben:
Sie setzte sich in vielerlei Hinsicht für ihren Jahrgang und die Schule ein, nicht zuletzt in der SV. Sie war ein besonders umtriebiges Mitglied der Technik-AG, die dafür sorgt, dass die Qualität von und in der Schule verantworteter Veranstaltungen (wie etwa Theateraufführungen, Konzerten, Podiumsdiskussionen u. v. m.) von der Professionalität ihrer Präsentation maximal profitiert.
Wenn sie sich für eine Sache begeistert, dann tut sie das auf eine so mitreißende und ansteckende Art, dass es stets integrativ wirkt und es ihr so gelingt, mit anderen zusammen etwas zu bewirken. Wir sind uns sicher, dass sie sich das beibehalten und es kreativ und konstruktiv nutzen wird, denn das ist ein zentraler Aspekt ihres Wesens.
Der Abiturjahrgang 2020 ist ein besonderer Jahrgang, der wie ein guter Wein besser wurde, je länger er reifte. Doch auch wenn die Schulzeit nun mit dem Reifezeugnis erfolgreich beendet wurde, ist damit die Reifung der Absolvent*innen natürlich noch lange nicht abgeschlossen, vielmehr verschafft ihnen diese Zeugnis die Chance, sich nun noch freier als bisher entfalten und noch weiter wachsen zu können, und es würde uns nicht überraschen, von der/dem ein oder anderen von ihnen auch in Zukunft noch zu hören, wenn sie – auf positive Weise natürlich – von sich reden machen…
Die Schüler*innen des Abiturjahrgangs 2020 hat aber noch auf andere Weise dafür gesorgt, dass ihrer nicht vergessen wird, indem sie einen Gedenkstein auf einem Rasenstück am Rande des Pausenhofs einließen, der im Rahmen der Abiturzeugnisausgabe eingeweiht wurde.
Das dabei enthüllte Coronakrisen-geprägte Jahrgangsmotto, „Auch diese Krise überstehen wir“, wird den Kompetenzen der Schüler*innen dabei absolut gerecht, aber selbstverständlich wünschen wir ihnen, dass ihr weiteres Leben möglichst wenig Krisen für sie bereithält und, wo sie unvermeidbar sind, nur solche, die sie meistern und an denen sie wachsen.
Wir wünschen Euch alles Gute für Eure Zukunft, liebe Absolvent*innen des Abiturjahrgangs 2020!
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